Prolog

Die Geschichte des Metropolis ist die Geschichte eines Mannes, der im März 1979 aus Berlin mit dem Auftrag nach Hamburg kam, hier ein Kommunales Kino zu etablieren. Ein geeignetes Haus schien bereits gefunden. Also machte sich Heiner Roß an einem dunklen, verregneten Tag, daran erinnert er sich genau, zu Fuß auf den Weg zum „Klick“ in der Glashüttenstraße. Begleitet von Hans Michael Bock, der Mitglied im Verein Initiative für ein Kommunales Kino Hamburg“ war. Er hatte sich bereit erklärt, den ortsunkundigen Berliner an seinen, wie vorgesehen, künftigen Arbeitsplatz zu führen. Heiner Roß nahm die Spielstätte erst von außen gründlich in Augenschein, dann kaufte sich eine Eintrittskarte, das hielt er für angemessen, und als er das Foyer betrat, wusste er, das würde nicht funktionieren. Trotzdem inspizierte er gewissenhaft auch die Innenräume. Die von dem leidenschaftlichen Kino-Autodidakten erstellte Mängelliste würde hier den Rahmen sprengen, außerdem stellte sich heraus, dass die Angelegenheit mit dem Pachtvertrag keineswegs geklärt war.

Was jetzt? Erstmal Panik. Der Arbeitsvertrag in Berlin war zum Mai gekündigt. Würde er auf der Straße stehen? Eine Woche hatte er Zeit, ein neues Kino zu finden. Nach drei Tagen entdeckte er auf der Dammtorstraße den Eingang zum Filmkunsttheater Dammtor. Wieder kaufte er sich eine Eintrittskarte, ging in die Vorstellung, inspizierte den Saal. Kaufte sich noch eine Karte und holte sich von der Kassiererin die Erlaubnis, den Balkon zu besichtigen. Er schaute sich weiter um. Und noch bevor er die dritte Karte kaufte, hatte er sich in das Kino verliebt. Speziell in das Fenster zum Hof – was nicht nur ein cineastisches Omen war, sondern später auch die unvergessene Kulisse von Rosies Café. Der aber wichtigste Ort, der Vorführraum, schien den Anforderungen eines Kommunalen Kinos gewachsen zu sein. Nämlich sicherzustellen, dass alle Filme, die der Verein zeigen will, in allen Formaten präsentiert werden können. Da die Mittel überschaubar waren, fasste Heiner Roß den Entschluss, das Kino zunächst auch mit den einfachsten technischen Mitteln auszurüsten. Also kaufte er sich die dritte Eintrittskarte und stellte sich der Kassiererin vor: „Mein Name ist Heiner Roß. Ich werde hier ein Kommunales Kino eröffnen.“

Herta Prigge regierte pragmatisch: „Dann werde ich wohl arbeitslos.“  „Sie werden in meinem Kino weiterbeschäftigt sein“, versicherte der blonde Fremde mit den drei Eintrittskarten. Und so kam es. Von Oktober 1979 an sollte Herta Prigge Karten für das Kommunale Kino Hamburg, Metropolis, verkaufen.

Das von Heiner Roß (Geschäftsführer bis 2006) in Hamburg etablierte Kommunale Kino überlebte knapp drei Jahrzehnte später die Abrissbirne und gab sogar dem neu entstandenen Geschäfts-Komplex seinen Namen: Metropolis-Haus. Es verdeckt nun die einst so klaffende Wunde, die sich nach der letzten Vorstellung in der Dammtorstraße am 1. Juli 2008 aufgetan hatte. Von August 2008 bis Oktober 2011 bespielte das Metropolis die große Leinwand des reanimierten Savoy am Steindamm. Am 1.11. 2011 war man zurück im alten Ambiente unter neuer Adresse. In der Kleinen Theaterstraße feiert(e) das Kommunale Kino im Oktober 2019 sein 40. Jubiläum.

Gabriele Meierding